Gemäldezyklus zur Deutsch-Tschechischen Geschichte
von Jörg Schwarzenbach


geschaffen für die Ausstellung „Annäherung“
vom 14. März bis 10. April 2004
im Foyer des Rosenthal – Theaters Selb
anlässlich des EU-Beitritts der Tschechischen Republik

Der Zyklus thematisiert die Ereignisse im Laufe der deutsch–tschechischen Geschichte, anhand derer man ablesen kann, wodurch die beiden Völker in Konflikt kamen und eine Annäherung in der Vergangenheit immer wieder verhindert wurde.

Bis zum 15. Jahrhundert führten Deutsche und Tschechen auf tschechischem Gebiet eine friedliche Koexistenz. Dies änderte sich, als Prag in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts Residenz und Hauptstadt des Deutschen Reichs wurde und sich eine deutsche Oberschicht bildete.


1. Das Kuttenberger Dekret
An der Prager Universität werden die mehrheitlich tschechischen Studenten primär von deutschen Professoren unterrichtet, was zu Spannungen führt. 1409 erlässt König Wenzel das Kuttenberger Dekret, in dem die Mehrheitsverhältnisse geändert werden. Daraufhin setzt ein Exodus deutscher Professoren und Studenten ein.

2. Jan Hus
Jan Hus, ein tschechischer Reformator und Kritiker der damaligen katholischen Kirche, fordert strengere christliche Tugend und wird dafür 1415 in Konstanz während des Konstanzer Konzils auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Dies führt zum Widerstand seiner Anhänger gegen Kirche und deutsche Oberschicht.

3. Der erste Fenstersturz
1419 bricht der Widerstand offen zu Tage, radikale Hus–Anhänger stürmen das Prager Rathaus und werfen katholische Ratsherren aus dem Fenster, die von der aufgehetzten Menge aufgespießt werden.
Die Ereignisse münden in den Hussitenkriegen (1419–1436), während derer eine blutige Deutschenverfolgung stattfindet. Es werden deutschen Sprachinseln vernichtet und die deutsche Bevölkerung zieht sich an die Ränder Böhmens zurück.

4. Die Jesuiten in Prag
1556 wird im Zuge der Gegenreformation und der Rekatholisierung Böhmens von den herrschenden Habsburgern der deutsche Jesuitenorden nach Prag berufen. 1575 wird der protestantischen Bevölkerung Böhmens in der Confessio Bohemica die Glaubensfreiheit zuerkannt. Diese wird jedoch in der Folgezeit immer wieder unterlaufen, indem beispielsweise katholische Bürger in die wichtigsten Landesämter berufen werden.
Dieser Konflikt führt zum zweiten Prager Fenstersturz (1618), der Ausgangspunkt des 30-jährigen Krieges.

5. Der Prager Aufstand
1848 lehnt sich das Volk, wie in vielen anderen Staaten Europas, gegen die herrschende Schicht auf.
Der Aufstand der Bevölkerung Prags wird durch das Habsburger Polizeiregime unter der Führung von Fürst Windischgrätz mit brutaler Waffengewalt niedergeschlagen.

6. Das Münchner Abkommen
1938 versucht Hitler mit einer scheinbar unerfüllbaren Forderung einen Krieg zu beginnen:
Er fordert die Eingliederung des Sudetenlandes in das Deutsche Reich, da die Sudetendeutschen in der Tschechoslowakei benachteiligt würden. Im Münchner Abkommen gewähren ihm England und Frankreich diese Forderung, um einen Krieg abzuwenden. Die Tschechoslowakei ist bei den Beratungen nicht vertreten.

7. Das deutsche Protektorat
1939 werden Böhmen und Mähren von deutschen Truppen besetzt und zum deutschen Protektorat erklärt. Es formiert sich ein tschechischer Untergrund, gegen den die deutsche Besatzungsmacht brutale Säuberungsaktionen unternimmt. 1942 wird bei einem Anschlag der SS- und Polizeiführer im Protektorat, Reinhard Heydrich, getötet. Als Vergeltungsmaßnahme richten die Gestapo und die SS ein Massaker unter der Bevölkerung des Dorfes Lidice an.

8. Die Vertreibung der Sudetendeutschen
1945 werden etwa drei Millionen Sudetendeutsche sozusagen über Nacht aus ihrer Heimat vertrieben. Viele kommen bei dieser Vertreibung ums Leben. Bis heute dauert die Kontroverse um diese Ereignisse an.

9. Der Kalte Krieg
Nach dem Zweiten Weltkrieg bilden sich die beiden politischen Lager um die Supermächte USA und Sowjetunion heraus. Zwischen der Tschechoslowakei und der Bundesrepublik Deutschland verläuft der Eiserne Vorhang – eine beinahe unüberwindliche Barriere.

10. Handelsware
Nach dem Zerfall des Ostblocks werden die Grenzen durchlässig. Die Verbindung zwischen beiden Staaten besteht jedoch häufig nur auf der Ebene wirtschaftlicher Beziehungen, deren Motor das Wohlstandsgefälle bildet.